So schön ist Tornesch: Eine Radtour zu den Blühflächen der Stadt

Tornesch blüht. In Tornesch summt es. Seit vier Jahren legt die Stadt Blühflächen an: auf Verkehrsinseln wie dem Kreisel am Ortseingang, rund um Straßenlaternen und Verkehrsschilder, an Straßenrändern und Wegrainen. Das nützt den Insekten, ohne die wir kein Obst und kein Gemüse zu essen hätten, keine Mandeln und keinen Honig. Der Lockdown wegen Corona hat zudem gezeigt, wie lebenswichtig ein ansprechender öffentlicher Raum direkt vor der Haustür für das Wohlbefinden ist. Nicht jeder hat einen Garten, nicht jeder einen Balkon, öffentliche Blühflächen hingegen sind allen zugänglich und können das Herz öffnen.

Hummeln lieben ihn: Roter Sonnenhut auf einer Verkehrsinsel in Tornesch am See.

Die Blühflächen und naturnahen Wegraine der Stadt standen in diesem Sommer im Mittelpunkt der traditionellen kommunalpolitischen Radtour der Tornescher SPD mit dem Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann und der stellvertretenden Ortsvorsitzenden Dr. Susanne Dohrn. Marcel Möller, Fachmann für naturnahe Stadtbegrünung in Tornesch, führte die knapp 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehr als zehn Kilometer von der Altentagesstätte im Stadtzentrum bis zur Lise-Meitner-Alle im Gewerbegebiet.

Zusätzliche ökologische Flächen entstehen, wo der Rasen nicht gemäht wird.

Erster Stopp war am Kleinen Moorweg vor einer Grasfläche. Die Stadt mäht einen Streifen rundherum, in der Mitte bleibt das Gras stehen. So entsteht eine zusätzliche ökologische Fläche, die Insekten als Rückzugsort dient. Viele Arten, auch Schmetterlinge, sind auf Gräser als Futterpflanzen für ihren Nachwuchs angewiesen. Auf der Grasfläche, links im Bild, sind sie ungestört. Davor wurde eine Bankett-Mischung von Rieger-Hofmann ausgesät, die nur im Herbst gemäht und das Mähgut abgenommen wird. Die Saat ist dann ausgefallen, sodass es im kommenden Jahr dort wieder blüht.

Schmetterlinge anlocken. Wilde Möhre.

Die nächste Halt war im Nixenring, wo die Stadt 2017 eine Schmetterlingsmischung ausgesät hat. Ein breiter Streifen davor ist gemäht und gibt den Blick frei auf die Blühpflanzen, zur Zeit vor allem Wilde Möhre (weiß blühend). Dazwischen sind Obstbäume gepflanzt, wie es früher an Straßenrändern üblich war. Die Blüten bieten im Frühjahr Nektar und Pollen für überwinternde Insekten, die Früchte dienen dem freien Genuss von Liebhabern, ob Mensch, Igel oder Insekt.

Ein Knick wird bunt.

Weil im Knick am kleinen Moorweg die großen Bäume, die Überhälter, fehlen, hat die Stadt davor Obstbäume gepflanzt und darunter 2020 die Saatmischung „Blühende Landschaft“ ausgebracht mit rotem Mohn, gelber Färber-Kamille, lila Malven und blauen Kornblumen. Im kommenden Jahr werden andere Arten überwiegen. Idealerweise sollen die trocknen Stängel erst im Frühjahr gemäht werden, damit Insekten sich dort im Winter verstecken können.

Stadtbäume richtig pflanzen.

Vor der Kita Seepferdchen leuchtet der Sommer in allen Farben: blaue Katzenminze, roter Sonnenhut und Fetthenne gedeihen prächtig, sind von Hummeln und Wildbienen umschwirrt. Dazwischen wurden Maulbeerbaum und Felsenbirne gepflanzt. Der Untergrund, in dem die Pflanzen so üppig wuchern, ist äußerst „dürftig“. Marcel Möller zeigt eine Handvoll herum. Roter Ziegelbruch mit wenig Erde durchmischt. Eine ganzer LKW-Ladung pro Baum und Pflanzinsel wurde hier vergraben. Stadtbäume sind gequälte Wesen. Der Boden, in dem sie wachsen ist stark verdichtet, rundherum ist alles gepflastert, Wasser, Nährstoffe und Sauerstoff sind nur oben erreichbar. Weshalb das Wurzelwerk von Stadtbäumen häufig die Pflasterung zerstört. Vor der Kita Seepferdchen haben die Bäume unter der Erde viel Platz, ihre Wurzeln werden über eine Belüftung mit Sauerstoff versorgt und das Substrat aus Ziegelbruch kann gut Wasser speichern. Die Maulbeerbäume tragen schon die ersten dunklen Beeren, die wie Brombeeren aussehen.

Das Highlight: Im Gewerbegebiet blühen Steine.

In der Lise-Meitner-Allee führte Marcel Möller zu einem mehrere Quadratmeter großen Steinhaufen. Die Steine stammen von Straßenbauarbeiten und lagen auf dem Bauhof herum. 2016 fanden sie eine neue Verwendung. In der Lise-Meitner-Allee mussten alte Pappeln gefällt werden, weil die Gefahr bestand, dass sie bei Sturm umstürzen. Die Stümpfe blieben liegen, denn viele Insekten leben im Totholz oder legen ihre Eier hinein. Der bekannteste von allen ist der Hirschkäfer, der auf alte Eichen angewiesen ist. Die Steine vom Bauhof bilden nun in der Lise-Meitner-Allee einen blühenden Hügel. Die Ritzen wurden mit ein wenig Erde bedeckt und Sedum-Sprossen ausgebracht. Das sind die Pflanzen, mit denen man auch Dächer begrünen kann. Ein Kilo reichte für die gesamt Fläche – eine Augen- und Insektenweide. Das Beispiel zeigt, wie sich zuweilen mit einfachsten Mitteln ein größtmöglicher Effekt erzielen lässt, so Marcel Möller.

Die Fruchtstände von Pilzen zeigen, dass der tote Baum wieder in Humus umgewandelt wird.

Totholz ist Lebensraum. Ein Großteil unserer Insekten ist auf Totholz als Kinderstube für ihren Nachwuchs angewiesen. In der Nähe von Straßen und Wegen muss die Stadt darauf bedacht sein, dass umstürzende Bäume und herabfallende Äste Bürgerinnen und Bürger nicht gefährden. Wo niemand unterwegs ist, müssten tote Bäume zur Förderung der Vielfalt in der Natur auch mal stehen bleiben dürfen. Das gilt übrigens auch für den eigenen Garten. Wer einen Baumstumpf stehen lässt, wird sich wundern, wie schnell sich dort vor allem Pilze und Insekten ansiedeln. Sie zersetzen dem Stumpf im Laufe der Jahre zu Humus und damit zu natürlichen Nähstoffen für den Garten.

Susanne Dohrn und der Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann

Die „Arbeitsgruppe für biologische Vielfalt“ in Tornesch hat in der Broschüre „Mein Garten in Tornesch“ viele Tipps gesammelt, wie jede und jeder auf dem Balkon oder im eigenen Garten die Artenvielfalt fördern kann. Die Broschüre ist auf den Seiten der Stadt abrufbar.

Bewerbungen für ein Gartenschild „Mein Garten in Tornesch“ nimmt die Stadt entgegen. Die Details finden Sie in der Broschüre.